Es ist wieder soweit: Bundestagswahl. Die Straßen verwandeln sich in einen Schilderwald, nicht nur die Laternenmasten werden zum Sammelpunkt lächelnder Politikerporträts, und so manche Brücke wird zum Schauplatz der kreativen Kopfzeile. Doch während wir durch die Städte fahren und uns fragen, ob wir gerade in einen Kunstpark oder eine Wahlkampfarena geraten sind, stellt sich die Frage: Bringen Wahlplakate tatsächlich was?
Die Faktenlage: Zahlen, Daten, Meinungen
Studien zeigen, dass Wahlplakate durchaus eine Rolle spielen können – allerdings mit Einschränkungen. Eine Umfrage der Universität Mannheim (2021) ergab, dass nur etwa 10 % der Wählerinnen und Wähler ihre Entscheidung von Plakaten beeinflussen lassen. Die Zielgruppe? Hauptsächlich unentschlossene Wählerinnen und Wähler, die noch nicht tief in den Programmen der Parteien stecken. Stammwähler hingegen – jene, die seit Jahrzehnten ihrer Partei die Treue halten – werden von einem lächelnden Kandidaten auf Pappe wohl kaum zum Umdenken bewegt.
Was macht ein Wahlplakat erfolgreich?
Hier kommt es auf zwei Dinge an: Botschaft und Wiedererkennbarkeit. Erfolgreiche Wahlplakate sind:
- Klar und prägnant: Ein guter Slogan ist kurz, einprägsam und vermeidet Floskeln (Beispiel: „Mit uns in die Zukunft.“ ist nett, aber „Mehr Fortschritt wagen“ hat eine Richtung)
- Visuell einheitlich: Wähler sollten innerhalb von Sekunden erkennen, welche Partei hinter dem Plakat steckt
- Emotional ansprechend: Ein ehrliches Lächeln und ein professionelles Design können den Unterschied machen – niemand möchte von einem Kandidaten mit fragwürdiger Frisur und verschwommener Grafik überzeugt werden

Die große Frage: Braucht es das alles noch?
In einer immer digitaleren Welt stellt sich die Frage, ob Wahlplakate überhaupt noch zeitgemäß sind. Social Media bietet den Parteien heutzutage günstigere und gezieltere Möglichkeiten, um potenzielle Wähler zu erreichen. Ein Beitrag auf Instagram oder ein knackiger Tweet kann oft mehr bewirken als 100 Plakate an einer Landstraße.
Trotzdem haben Wahlplakate ihren Platz – und das aus zwei Gründen:
- Sichtbarkeit: Plakate sorgen dafür, dass Parteien im öffentlichen Raum präsent sind. Selbst wenn sie keine neuen Wähler gewinnen, erinnern sie die eigenen Anhänger daran, wählen zu gehen.
- Tradition: Plakate gehören zum demokratischen Ritual. Sie schaffen eine gewisse Atmosphäre, die zeigt: Es ist Wahlkampfzeit.
Humorvoller Nachklang: Was denken die Menschen eigentlich?
Manche Wählerinnen und Wähler amüsieren sich über kreative oder besonders misslungene Plakate („Warum lächelt er wie in einer Zahnarzt-Werbung?“), andere rollen die Augen bei Standardphrasen. Und dann gibt es jene, die sagen: „Ich wähle nicht nach Plakat, aber ich schätze die Mühe.“
Vielleicht haben Wahlplakate also eine ganz andere Funktion: Sie sind das visuelle Symbol dafür, dass Demokratie lebt – manchmal chaotisch, manchmal humorvoll, aber immer ein bisschen bunt.
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